Wer wir sind

Die Selbsthilfegruppe Freu(n)de ohne Alkohol

Ein dickes Seil in Nahaufnahme

Eine Selbsthilfegruppe ist wie ein Seil, an dem man sich festhalten kann, wenn man sich unsicher fühlt.
Foto von Martin Köster

Wir sind eine Gruppe von Menschen, die sich entschieden haben, dauerhaft ohne Alkohol zu leben. Einige von uns sind schon seit vielen Jahren trocken, andere haben gerade erst einen Entzug hinter sich. Einige wenige haben den Absprung ohne professionelle Hilfe geschafft, die meisten waren aber in einer Klinik und/oder einer ambulanten Langzeittherapie. Manche kommen schon während der Therapie, andere erst im Anschluss. Das spielt aber alles keine Rolle. Uns allen gemeinsam ist der ganz starke Wunsch, ein gutes Leben ohne Alkohol zu führen.

Unsere Gruppe besteht aktuell (Herbst 2019) aus ca. 20 Mitgliedern, etwa zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen. Die Altersspanne reicht von Anfang 20 bis Anfang 70. Für die wöchentlichen Gruppentreffen stehen zwei Termine zur Auswahl, damit auch Menschen, die im Schichtbetrieb oder hin und wieder auf Montage arbeiten, möglichst oft die Gelegenheit haben teilzunehmen. Zu den einzelnen Gruppenabenden kommen in der Regel 7 – 10 Mitglieder. Dadurch sind sehr intensive Gespräch möglich, und jede/jeder bekommt genügend Raum für persönliche Themen und Probleme.

Die Idee mit den zwei Terminen entstand, als die Gruppe zu groß wurde, aber niemand eine Teilung in zwei Gruppen wollte. So sind wir immer noch eine Gruppe, kennen uns auch alle untereinander und haben trotzdem die Möglichkeit zum intensiven Austausch.

Unser Name

In „Freu(n)de ohne Alkohol“ stecken zwei Begriffe: Einerseits FREUNDE ohne Alkohol, andererseits aber auch FREUDE ohne Alkohol. Beides ist für uns Programm.

Manche Menschen verlieren mit dem Beginn ihrer Abstinenz viele (manchmal auch alle) sozialen Kontakte. Mit den „Saufkumpanen“ von früher können und wollen sie sich nicht mehr treffen. Die nicht-trinkenden Bekannten und Verwandten haben vielleicht schon lange den Kontakt abgebrochen. Einen echten Freund, mit dem sie über Probleme reden konnten, haben sie vielleicht nie gehabt.

Mit dem Eintritt in eine Selbsthilfegruppe bekommt man nicht automatisch einen neuen Freundeskreis, aber oft entwickeln sich doch (langsam und vorsichtig) engere Bekanntschaften und vielleicht sogar echte Freundschaften.

Die Erfahrung, nicht der einzige Mensch auf der Welt zu sein, der solche Probleme hat wie ich, nimmt viel von dem Druck und der Scham, die ich schon so lange mit mir herumtrage. Es stärkt mein Selbstwertgefühl, wenn ich höre, dass es anderen ähnlich geht wie mir.

Ganz wichtig ist uns aber auch, zu erfahren: Zufriedene Abstinenz gibt es wirklich! Und nicht nur das. Ein Leben ohne Alkohol kann sogar Freude machen! In unseren Gruppenstunden wird hin und wieder geweint. Es wird aber auch viel gelacht. Wir hören immer wieder gerne Berichte darüber, wo jemand heute Gefühle, Schönheit, Lebendigkeit, … wahrnimmt, zu denen er/sie im Rauschzustand überhaupt keinen Zugang hatte. Vielen von uns erscheint das Leben jetzt sehr viel lebenswerter als während der nassen Zeit. Die Freude, die wir ohne Alkohol erleben, ist viel tiefer als der oberflächliche „Spaß im Glas“.

Unser Konzept

Auf den ersten Blick scheint es bei uns kein festes Konzept zu geben, aber der Eindruck täuscht. Wir beginnen jeden Abend mit einer Blitzlichtrunde, in der jede und jeder versucht, kurz zu berichten, wie es ihr bzw. ihm gefühlsmäßig im Augenblick geht. Das hört sich einfacher an als es ist, weil viele von uns nur sehr schwer Zugang zu ihren Gefühlen finden. Noch schwerer ist es dann, diese in Worte zu fassen und nicht in Berichte über das Alltagsgeschehen abzugleiten. Gordon hört hier sehr aufmerksam zu und versucht immer wieder den Fokus auf die Gefühle zu lenken.

Anschließend können alle, die etwas auf dem Herzen haben, Redezeit für den Abend anmelden. Nachdem die Reihenfolge festgelegt ist, hat der/die erste die Gelegenheit, sich alles von der Seele zu reden. Während dieser Zeit schenken alle anderen ihm/ihr wertschätzende Aufmerksamkeit. Es ist sehr wohltuend, so etwas zu erleben. Danach können alle sagen, was sie zu diesem Thema bewegt, aber es gibt keine RatSchläge. Die Gesprächskultur ist ausgesprochen gut. Wir unterbrechen einander nicht, wir verletzen einander nicht (zumindest nicht absichtlich oder bewusst) und wir bemühen uns, nicht übermäßig viel Redezeit zu beanspruchen.

Es kommt aber auch vor, dass Gordon während der Blitzlichtrunde erspürt, wer ein Problem mit sich herumträgt. Er fragt dann manchmal direkt, ob diese Person nicht auch etwas „loswerden“ möchte. Dadurch bekommen auch Menschen eine Chance über ihre Themen zu reden, die eher schüchtern und zurückhaltend sind. Es ist aber auch immer in Ordnung, wenn jemand dieses Angebot ablehnt.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der, dass wir nahezu immer über uns selber reden, nicht über die Allgemeinheit, die Nachbarn oder Politik. Dadurch sind die Gespräche immer sehr bereichernd, egal welches Thema angesprochen wird. Die Gefühle, die dabei zur Sprache kommen, kennen wir ja eigentlich alle. Nur bei uns haben wir so oft Schwierigkeiten, sie zu erkennen. Deshalb ist es so hilfreich, sie bei anderen wahrzunehmen und nachzuspüren, was dadurch bei uns selber angestoßen wird.

Zum Konzept gehört auch, dass wir uns hin und wieder außerhalb der Gruppenabende treffen, um gemeinsam FREUDE ohne Alkohol zu erleben. Diese Freizeitaktivitäten finden meistens am Wochenende oder an Feiertagen statt, weil für viele in diesen Freiräumen am ehesten Suchtdruck entsteht.

Anonymität

Wie bei den Anonymen Alkoholikern oder anderen großen Alkoholgruppen ist es auch bei uns möglich, anonym teilzunehmen. Wir reden uns alle mit dem Vornamen an, und auch das kann ein Fantasiename sein. 

Angehörige

Ein Herz, mit dem Finger in Sand gemalt

Die Liebe der Angehörigen zum einem Alkoholabhängigen wird oft auf eine harte Probe gestellt.
Foto von Martin Köster

Angehörige fühlen sich im Umgang mit einem Alkoholabhängigen oft hilflos. Viele reden ständig davon, dass „endlich Schluss sein muss mit dem Trinken“, finanzieren aber auf der anderen Seite den Alkoholkonsum und decken alkoholbedingte Fehltritte. In vielen Filmen wird dieser Zwiespalt sehr deutlich.

Immer wieder haben wir in der Gruppe diskutiert, ob Angehörige an den Gruppentreffen teilnehmen können oder nicht. Bislang haben wir uns jedes Mal dagegen entschieden, weil in vielen Fällen Konflikte mit Angehörigen Auslöser für das Suchtverhalten gewesen sind. Aber bei den meisten Ausflügen sind Familienmitglieder und Freunde gern gesehen.

Es wäre auch durchaus denkbar, eine eigene Angehörigengruppe einzurichten, falls genügend Bedarf besteht.

Bei Fragen können sich auch Angehörige an Herrn Liermann wenden. Weitere Informationen über Angebote für Angehörige bekommen Sie bei der Selbsthilfekontaktstelle.

Für wen eignet sich die Gruppe?

Die wichtigste Voraussetzung, um Mitglied bei den Freu(n)den ohne Alkohol zu werden, ist es, trocken zu sein. Dazu sollte die Bereitschaft kommen, sich intensiv mit den eigenen Lebensthemen auseinanderzusetzen. Die Gespräche bei uns drehen sich nicht immer nur um Alkohol. Oft stoßen wir auf Themen, die sich unser ganzes Leben hindurch immer wiederholt haben, und erkennen manchmal sogar die Ursache für unsere Sucht.

Wir alle sind inzwischen bereit, die Verantwortung für unser Leben zu übernehmen, und suchen nicht mehr die Schuld bei anderen. Diese Bereitschaft sollten auch neue Mitglieder mitbringen. Zum eigenverantwortlichen Handeln gehört auch, dass es bei uns keine Anwesenheitspflicht und keine Kontrollanrufe gibt. Menschen, die (noch) sehr starke Strukturen brauchen, empfehlen wir, sich bei der Selbsthilfekontaktstelle nach anderen Gruppen zu erkundigen.

Dank

Diese Website wurde erstellt von Elke Oppenauer – Webdesign.

BKK ARGE NRW (BAN) und AOK NordWest haben sich im Rahmen der Projektförderung mit einem Zuschuss an den Kosten beteiligt. Frau Oppenauer hat auf einen großen Teil ihres Honorars verzichtet. Dafür danken wir allen Beteiligten ganz herzlich.

Ebenso herzlich bedanken wir uns bei der Stiftung Siverdes für die finanzielle Unterstützung unserer Selbsthilfegruppe.